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Motettenchor 2020

Kirchenmusik

Die Kirchenmusik ist ein nicht wegzudenkender Bestandteil jedes Gottesdienstes. Einerseits ist die Vertonung kirchenmusikalischer Texte eine jahrtausendealte Tradition, die es zu pflegen gilt, andererseits besitzt die Musik die unübertreffliche Fähigkeit, sich über die Grenzen von Worten hinweg auszudrücken und das Göttliche erahnen zu lassen. Daher ist Musik als Gestaltungselement des Gottesdienstes unabdingbar. Im Stift Herzogenburg hat sie eine lange Tradition, die wir bis heute in viele Richtungen fortsetzen.

Johann-Hencke-Orgel

Das Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg besitzt mit seiner Hencke-Orgel aus dem Jahr 1752 eine der bedeutendsten Orgeln unseres Landes. Bereits 1749, im Jahr der Fertigstellung der neuen barocken Stiftskirche, erteilte der damalige Propst den Auftrag zum Bau einer völlig neuen Orgel. Der Auftrag erging an Johann Hencke, der aus der Stadt Geseke in Westfalen stammte und sich in Wien als „bürgerlicher Orgelmacher“ niedergelassen hatte, von wo aus er weite Teile der Donaumonarchie mit Orgeln versorgte. Die Herzogenburger Orgel war wahrscheinlich Henckes summum opus, jedenfalls ist von ihm keine größere Orgel bekannt. Am 18. Dezember 1752 erklang die Orgel zum ersten Mal feierlich beim Gottesdienst. Der prächtige Prospekt der Orgel, die grüne Fassung des Gehäuses und das goldene Rankenwerk strahlen Harmonie und Ruhe aus.

Klangliche Besonderheiten der Herzogenburger Orgel sind zum einen der Prinzipal (Praestant) 16´ im Hauptwerk, der dem Werk die nötige Gravität im großen Plenum verleiht. Zum andern tritt das zweite Manual, das sogenannte Großpositiv, mit seinen 12 Registern auf Prinzipal 8´-Basis als zweites Hauptwerk auf. Weiters ist der große Reichtum an Grundstimmen, Prinzipale, Flöten, Streicher und zwei Quintadenen (auch die Quintadena 16´ im Großpositiv wurde von Hencke als 8´-Register konzipiert) bemerkenswert, was eine große Vielseitigkeit und stilistische Bandbreite der alten barocken Orgel mit sich bringt. Die reichlich vorhandenen Klangkronen (Mixturen, Cimbel) verleihen der Orgel einen nicht verwechselbaren silbernen Glanz.

Vernachlässigt man die Erweiterungen des Tonumfangs im Jahre 1964, so besitzt das Instrument noch heute einen Anteil von über 70% an Hencke-Pfeifen, davon auch die zwölf originalen Zungenpfeifen der Posaune 8´ im Pedal. Über die ersten hundert Jahre der Hencke-Orgel liegen leider keine Archivalien vor. Erst von 1850-1886 sind Wartungs- und Stimmarbeiten durch den Orgelbauer Franz Reusch in einem Pflegevertrag nachweisbar. Nach der Innenrestaurierung der Stiftskirche 1890 muss sich das Instrument allerdings in einem sehr schlechten Zustand befunden haben. So gab es Ende des 19. Jahrhunderts bereits Um- bzw. Neubaupläne für eine Orgel, die dem damaligen Zeitgeschmack und den technischen Neuheiten (etwa pneumatische Traktur) entsprechen sollte.

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Zum Glück fehlten dazu die nötigen finanziellen Mittel, sodass Leopold Breinbauer 1894 nur eine größere Reparatur und einige moderate klangliche Veränderungen durchführen konnte. Die alte Keilbalganlage wurde bei dieser Gelegenheit durch zwei Magazinbälge ersetzt, die hinter der Orgel in der Turmkammer untergebracht sind. 1964 wurde die Orgel von der Kremser Orgelbaufirma Gregor Hradetzky restauriert. Die klanglichen Veränderungen von Leopold Breinbauer wurden dabei wieder rückgängig gemacht, die Tonumfänge von Hauptwerk und Pedal erweitert. Im zweiten und dritten Manual blieben die ursprünglichen barocken Tonumfänge weiterhin erhalten. Nachdem im Jänner 2007 der Sturm „Kyrill“ das südliche Fenster über der Orgel zerstört hatte, ist es zu einer erheblichen Verunreinigung der gesamten Orgel gekommen. Bei einer Generalreinigung durch die Orgelbaufirma Josef Diethard Pemmer konnten die entstandenen Schäden beseitigt werden.

Bei dieser Gelegenheit schien es günstig, auch die Posaune 16´, die bei der Restaurierung 1964 erneuert worden war, gegen eine neue Posaune 16´ im Klangstil Johann Henckes auszutauschen. Da von Johann Hencke selbst keine Posaune 16´ mehr bekannt ist, wurde nach einem anderen Vorbild aus der Zeit Henckes gesucht. Die Wahl fiel dabei auf den berühmten Zeitgenossen Gottfried Silbermann, mit dessen Bruder Andreas Hencke nachweislich in Briefkontakt gestanden ist. So konnte im August 2008 das neue Register in die alte Orgel eingebaut werden. Die Herstellung der Pfeifen mit Holzbechern aus Fichte sowie der Einbau in die Orgel wurden durch OBM Josef Diethard Pemmer durchgeführt. Die Bleikehlen stammen vom Dresdner Orgelbauer Christian Wegscheider.  Die Finanzierung konnte glücklicherweise durch Pfeifenpatenschaften gänzlich abgedeckt werden.

Die Disposition der Hencke-Orgel 1752

Hauptwerk
C-g3

Prästant 16
Octav 8
Principalflöte 8
Waldflöte 8
Quintadena 8
Octav 4
Spitzflöte 4
Nachthorn 4
Superoctav 2
Rauschquinte 3f.
(beinhaltet eine Terz)
Mixtur major 5-7f.
Mixtur minor 4-5f.
Trompete 8

Pedal
C-f1

Principalbass 16
Kontrabass 16
Subbass 16
Octavbass 8
Gedecktbass 8
Choralbass 4
Nachthorn 2
Pedalmixtur
Großposaune 16
Octavposaune 8

Großpositiv
CDEFGA-c3

Principal 8
Quintadena 16 (ab c0)
Coppel 8
Salicional 8
Octav 4
Gedecktflöte 4
Dulciana 4
Quinte 2 2/3
Superoctav 2
Mixtur 5f.
Cimbel 2 f.
Krummhorn 8

Kleinpositiv
CDEFGA-c3

Holzgedackt 8
Holzflöte 4
Principal 2
Quinte 1 1/3
Sedecima 1

Motettenchor

Der Motettenchor Herzogenburg wurde im September 1970 von Harald Servus gegründet. Schon bald darauf übernahm der junge Chor auch die Funktion des Kirchenchores, dessen vordringlichste Aufgabe die musikalische Gestaltung der Hochämter und Festgottesdienste in der Stiftskirche ist. Dabei bilden die lateinischen Orchestermessen der Klassiker Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Schubert den Kern des Repertoires. Neben Messen von Giovanni Pierluigi da Palestrina, Johann Joseph Fux, Antonio Caldara, Anton Bruckner und anderen Meistern wurden in den letzten Jahren Werke des Herzogenburger Chorherren Georg Donberger wiederentdeckt.

Seit Dezember 1990 leitet Otto Schandl den Chor, der derzeit aus etwa 45 Mitgliedern besteht. Diese sind in den verschiedensten Berufen tätig und widmen einen Teil ihrer Freizeit dem Chorsingen. Ziel des Chorleiters ist, immer mehr junge Leute für das Chorsingen zu begeistern und die Qualität der Darbietungen auf ein möglichst hohes Niveau zu heben.

Unterstützt wird der Chor in erster Linie vom ersten Stiftsorganisten Mag. Johannes Zimmerl und von zahlreichen Musikern und Solisten aus Herzogenburg und Umgebung, die sich zum „Ensemble Con Spirito“ zusammengefunden haben.

Jährlich bestreitet der Motettenchor rund 15 bis 20 Auftritte. Das erfordert viele Stunden konzentrierter Probentätigkeit, die die Sängerinnen und Sänger dem Chorgesang widmen – zur Ehre Gottes und zur Freude der Zuhörer!

Weitere Informationen auf motettenchor.beepworld.de.

Unsere Kirchenmusiker

Stefan Zenkl

Chorleiter

STEFAN ZENKL, geb. 1977, machte seine ersten musikalischen Studien bei Michael Poglitsch, Walter Graf und Dominicus Hofer OPraem am Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese St. Pölten. Nach der Matura am Stiftsgymnasium Melk studierte er an der Musikuniversität Wien und schloss sein Studium bei Kurt Widmer an der Musikhochschule Basel ab. Engagements als Gesangssolist führten ihn u.a. an die Staatsoper Hannover, das Opernhaus Zürich, die Opernfestspiele St. Margarethen und in den Musikverein Wien. Kirchenmusikalisch ist er auch in den Stiften Melk, Göttweig, Klosterneuburg und im Wiener Stephansdom aktiv.

Mit großer Leidenschaft widmet sich Stefan Zenkl dem Chor- und Ensemblegesang. Er war in der Dommusik St. Pölten (Otto Kargl) und dem „Chorus sine Nomine“ (Johannes Hiemetsberger) sowie „Ad Libitum St. Valentin“ (Heinz Ferlesch) aktiv. In „Barucco Vokal“ und dem „ensemble 15.21“ ist er weiterhin als Bassist zu hören.

Den Motettenchor Herzogenburg leitet Stefan Zenkl seit Herbst 2023.

Erster Stiftsorganist

JOHANNES ZIMMERL, geb. 1968, stammt aus Zellerndorf in Niederösterreich. Erste musikalische Ausbildung während der Gymnasialzeit in Hollabrunn. Nach der Matura Studium an der Musikuniversität Wien, Orgel (Konzertfach und Instrumentalpädagogik) bei em. Prof. Herbert Tachezi, Lehramt für Musikerziehung (Klavier bei Sigmund Szabo und Gesang bei em. Prof. Kurt Hofbauer) und Geschichte an der Universität Wien.

1991 erste Diplomprüfung und Lehrbefähigungsprüfung im Fach Orgel mit Auszeichnung, Würdigungspreis des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung. 1995 Diplome in Musikerziehung und Orgel sowie Sponsion zum Magister artium. 1985 und 1991 Preise beim Landes- und Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, 1992 Preisträger des 2. Europäischen Wettbewerbs Junger Organisten in Ljubljana.

Seit 1995 erster Stiftsorganist von Herzogenburg. Darüber hinaus Unterrichtstätigkeit am Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese St. Pölten (Tonsatz und Orgel) sowie am BRG/BORG St. Pölten (Orgel). Mehrere CD-Aufnahmen, Konzerte im In- und Ausland.

Auf www.youtube.com/@johanneszimmerl8898 können Sie Johannes Zimmerl an der Hencke-Orgel virtuell hören.

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Zimmerl
Zweiter Stiftsorganist Felix Deinhofer

Zweiter Stiftsorganist

FELIX DEINHOFER, geb. 1998, aufgewachsen in Scheibbs im Mostviertel. Erster Musik- und Orgelunterricht an der dortigen Johann-Heinrich Schmelzer-Musikschule. Ab dem 12. Lebensjahr als Organist in Scheibbs und Umgebung, sowie in zahlreichen Konzerten tätig. Studium der Kirchenmusik am Konservatorium der Diözese St. Pölten bei Mag. Ronald Peter, 2024 Abschluss mit dem B-Diplom. 2012 und 2014 Preisträger beim Wettbewerb „Prima la musica“.

Seit November 2021 hauptberuflich im Ordinariat der Diözese St. Pölten tätig und seit 1. Jänner 2022 zweiter Stiftsorganist von Herzogenburg.